Ziele der WRRL in Bezug auf das Grundwasser
Der Schutz des Grundwassers ist ein zentrales Anliegen der Wasserrahmenrichtlinie. Die drei Zielstellungen im Bezug auf das Grundwasser lauten (gemäß Artikel 4 WRRL):
Durch die Wasserrahmenrichtlinie rücken die Austauschvorgänge zwischen Oberflächen- und Grundwasser mehr in den Vordergrund. So gilt der Zustand eines Grundwasserkörpers dann als schlecht, wenn aufgrund seiner stofflichen Belastungen oder seiner Übernutzung der gute Zustand eines Oberflächengewässers verfehlt wird. Anders als bei den Oberflächengewässern wird beim Grundwasser nur zwischen zwei Zustandsklassen, also zwischen gut und schlecht, unterschieden.
Da bei der Verabschiedung der WRRL kein Konsens über die Ausgestaltung aller der oben genannten Ziele erreicht werden konnte, sollte dies über eine Tochterrichtlinie erreicht werden. Nach einem langwierigen und zähen Abstimmungsprozess ist die Grundwasser-Tochterrichtlinie Ende des Jahres 2007 verabschiedet worden. WRRL und Grundwasser-Tochterrichtlinie lösen bis zum Jahr 2013 die bisher gültigen EU-Richtlinien zum Grundwasserschutz schrittweise ab.
Bestehende EU-Richtlinien im Zusammenhang mit dem Grundwasserschutz
Nach wie vor sind insbesondere folgende europäische Richtlinien für den Grundwasserschutz von Belang:
Der mengenmäßige Zustand des Grundwassers und sein Bezug zu den grundwasserabhängigen Landökosystemen
Die Regelungen zum mengenmäßigen Zustand des Grundwassers werden in der WRRL abschließend geregelt (Artikel 4 in Verbindung mit Anhang V 2.1.2 der WRRL). Ausschlaggebend ist der Grundwasserspiegel, der so beschaffen sein muss, dass die verfügbare Grundwasserressource von den langjährigen mittleren Grundwasserentnahmen nicht überschritten wird. Mittelbarer Indikator für den guten mengenmäßigen Zustand sind die grundwasserabhängigen Landökosysteme und die Oberflächengewässer. Ein guter Zustand ist dann gegeben, wenn der Grundwasserspiegel keinen anthropogenen Veränderungen unterliegt, die
Umstritten ist dabei die Interpretation des Begriffs der anthropogenen Veränderungen. Hierunter wurden in den Bestandsaufnahmen der Länder lediglich die größeren Wasserentnahmen betrachtet. Diese Einengung steht jedoch im Gegensatz zu der Indikatorfunktion, die den grundwasserabhängigen Landökosystemen zugesprochen wird. Ihr tatsächlicher Zustand beziehungsweise dessen Gefährdung bestimmt die Einstufung des Grundwasserzustands. Eine Unterscheidung nach Ursachen ist aus dem Richtlinientext nicht abzuleiten.
Der chemische Zustand des Grundwassers – die Grundwasser-Tochterrichtlinie
Die Tochterrichtlinie mit den Regelungen zur Beurteilung des chemischen Zustands des Grundwassers war Gegenstand langwieriger Verhandlungen. Im Vorfeld hatte es bereits einen mehrjährigen Vorlauf in Form eines Expert Advisory Forum bei der EU-Kommission gegeben. Einen Richtlinienvorschlag legte die Kommission mit neunmonatiger Verspätung im September 2003 vor. Der Vorschlag verursachte bei allen Beteiligten auf deutscher Seite große Verblüffung, da das vermeintliche Herzstück der Richtlinie – eine Liste mit Grenzwerten für spezifische Schadstoffe im Grundwasser – fehlte. Auch die erwarteten Maßnahmen für die Begrenzung des Eintrags von Schadstoffen fehlten.
Die Verhandlungen über die Tochterrichtlinie kamen erst nach vier Jahren zu einem Ergebnis. Auf dem Weg wurden allein im EU-Parlament rund 400 Änderungsanträge zum Vorschlag der Kommission beraten. Die im europäischen Umweltbüro EEB vertretenen Umweltverbände haben sich intensiv an den Verhandlungen beteiligt. Den Richtlinientext finden sie hier.
Im Entstehungsprozess der Tochterrichtlinie war die GRÜNE LIGA unter anderem an folgenden Stellungnahmen beteiligt:
Im Ergebnis stellen sich die Vorgaben der neuen Grundwasserrichtlinie wie folgt dar:
Eine kritische Würdigung der Grundwasser-Tochterrichtlinie finden Sie hier (englisches Dokument).
2010: Grundwasser-Verordnung zur Umsetzung der Grundwasser-Tochterrichtlinie in deutsches Recht
Die Umsetzung der europäischen Grundwasser-Tochterrichtlinie zur WRRL (2006/118/EG) in deutsches Recht erfolgt durch eine Grundwasser-Verordnung (GrwV) auf Bundesebene. Das BMU hat hierfür am 23. Dezember 2009 einen Entwurf in die Verbändeanhörung gegeben. Die Verordnung beinhaltet ausschließlich Regelungen in Hinsicht auf den chemischen Zustands des Grundwassers. Mit der Verordnung werden unter anderem bundeseinheitliche Schwellenwerte für grundwasserrelevante Schadstoffe festgelegt. Diese Konzentrationsgrenzwerte "orientieren sich an den Geringfügigkeitsschwellen der LAWA", die 2004 verabschiedet wurden. Den Verordnungsentwurf des BMU (Stand vom 9. Dezember 2009) einschließlich Begründung finden sie hier, das zugehörige Anschreiben an die Verbände finden Sie hier.
Die im DNR zusammengeschlossenen Umwelt- und Naturschutzverbände haben Anfang Februar 2010 eine gemeinsame Stellungnahme zum Entwurf der Grundwasserverordnung vorgelegt. Die Stellungnahme finden Sie hier, das Anschreiben ans BMU hier. Koordiniert wurde die Stellungnahme von Michael Bender für den DNR Arbeitskreises Wasser. Zu den Kernforderungen der Umweltverbände gehören die stringente Definition der Einträge gemäß der zugrundeliegenden EG-Grundwasserrichtlinie, das Einhalten der Schadstoff-Schwellenwerte am Eintragsort, der bessere Schutz der grundwasserabhängigen Landökosysteme und der flächendeckende Grundwasserschutz auch im Sinne des Erhalts eines wichtigen ökologischen Lebensraums:
Des Weiteren forderten DNR, GRÜNE LIGA, BUND und BBU den Bundesumweltminister Dr. Röttgen in einem gemeinsamen Brief dazu auf, sich für eine Umsetzung des Geringfügigkeitsschwellen-Konzepts einzusetzen, die tatsächlich dem Vorsorgegedanken im Grundwasserschutz Rechnung trägt. Dass die Einhaltung der Schwellenwerte, wie im Verordnungsentwurf vorgesehen, erst in der gesättigten Zone, also erst beim Eintritt ins Grundwasser überprüft werden soll, widerspricht dem Vorsorgegedanken, birgt ein relativ hohes Fehlerrisiko und ist wenig praktikabel. Es ist notwendig, die Einhaltung der Schwellenwerte bereits am Ort der Verunreinigung zu überprüfen.
WRRL und EU-Agrarpolitik
Der gute ökologische Zustand in den Oberflächengewässern bzw. der gute Zustand im Grundwasser wird bis 2015 nicht zu erreichen sein, wenn die EU im Agrarbereich eine Förderpolitik beibehält, die den Zielen der WRRL entgegenläuft, statt sie zu unterstützen.
Im Rahmen der Förderpolitik stellt die so genannte "cross compliance" ein wichtiges Instrument dar. Nach diesem Konzept werden die Zahlungen aus den EU-Strukturfonds an Landwirte an die Einhaltung anderer EU-Richtlinien geknüpft. Mehr dazu und zum Verhältnis von WRRL und EU-Agrarpolitik sowie das Arbeitspapier "The Water Framework Directive (WFD) and tools within the Common Agricultural Policy (CAP) to support its implementation".
General Agreement on Trade in Service (GATS)
Das General Agreement on Trade in Service (allgemeines Abkommen über Handel mit Dienstleistungen) ist ein Abkommen der Mitgliedstaaten der Welthandelsorganisation (WTO) zur Liberalisierung des Dienstleistungssektors. Dieser wird dem Wettbewerb geöffnet, wobei der Staat an Einfluss hinsichtlich der Regulierung des Marktes verliert. Der Vertrag ist für alle Entscheidungs- und Regierungsebenen bindend. Stellvertretend für ihre Mitgliedsländer gab die Europäische Union die Einwilligung zu GATS.
In den Verträgen werden sämtliche Dienstleistungen in zwölf Bereiche aufgeteilt. Diese umfassen u.a.:
Am 31. März 2003 legten die einzelnen WTO-Mitgliedsregierungen eine Liste jener Dienstleistungen vor, für die sie eine weitere Liberalisierung anstreben. Darauf basierend werden sich weitere Verhandlungen anschließen, die bis 2005 abgeschlossen sein sollen. Insbesondere die Europäische Union sieht im Bereich der Umweltdienstleistungen, und damit auch im Bereich der Wasserver- und Entsorgung, einen Schlüsselsektor ihrer internationalen Handels- und Wirtschaftspolitik, und fordert von 72 Staaten die Öffnung des Wassermarktes zugunsten europäischer Konzerne.
Bereits im Vorfeld hatte die Europäische Union, die im Namen der einzelnen Mitgliedsstaaten verhandelte, ein Konsultationspapier zu den GATS Verhandlungen erarbeitet. Diesbezüglich nahmen bereits einige für den Ver- und Entsorgungsbereich zuständige Spitzenverbände Stellung. Die Stellungnahmen stehen zum Download bereit:
Für die Staaten, die GATS zugestimmt haben, ist es kaum möglich, eine einmal beschlossene Liberalisierungsverpflichtung wieder zurückzunehmen. Problematisch dabei ist, dass diese Verpflichtung eingegangen wurde, ohne eine öffentliche Diskussion darüber zu führen. Da weite Teile der Bevölkerung direkt von den Auswirkungen des Abkommens betroffen sein werden, regt sich Kritik. Beispielsweise gibt es Mitte März 2003 GATS-Aktionstage. Dazu erschien am 12.03.2003 in der TAZ eine Sonderbeilage, (pdf-Datei, 659 KB), in der u.a. das Thema GATS und die kommunale Daseinsvorsorge beleuchtet wird.
Wasserversorgung gehört nicht auf internationale Handelsagenda
Das Motto des Weltwassertages 2003 ist "Wasser für die Zukunft". Damit ausreichendes und gesundes Wasser auch zukünftig Mensch und Natur Leben spenden kann, bedarf es integrierter Maßnahmen im ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Bereich. Die lebenswichtige Ressource darf nicht zur Ware auf dem globalen Markt gemacht werden, sondern bedarf als grundlegendes Menschenrecht öffentlicher Verantwortung und Fürsorge.
EU-Binnenmarkstrategie: 10-Punkte-Plan der Kommission
Gerade hatte das Europaparlament bei der Abstimmung über das "Grünbuch Daseinsvorsorge" beschlossen, dass nicht die Liberalisierung, sondern die Modernisierung der Wasserwirtschaft notwendig ist, und schon liegt mit dem Bericht zur Binnenmarktstrategie ein gegenteiliger Beschlussantrag vor, in dem genau die Vorzüge der Marktliberalisierung insbesondere auch im Wassersektor begrüßt werden. Die Europäische Kommission hat ihre Binnenmarktstrategie für den Zeitraum 2003 bis 2006 veröffentlicht - einen 10-Punkte-Plan, dessen Ziel ein besser funktionierender Binnenmarkt ist. Danach zählt es zu den "vorrangigen Aufgaben, die Umsetzung und Durchsetzung des Binnenmarktrechts zu verbessern, den freien Dienstleistungsverkehr praktische Wirklichkeit werden zu lassen, die noch bestehenden Schranken für den Warenhandel zu beseitigen und den Märkten für öffentliche Ausschreibungen eine reale europäische Dimension zu verschaffen". Damit setzt die EU starke Akzente in der Liberalisierung von Dienstleistungen insbesondere auch im Wassersektor..
Eine entschiedene Absage erteilte der Europaabgeordnete Dr. Gerhard Schmid Plänen der EU-Kommission, nun auch den Wassermarkt zu liberalisieren. An die Adresse des dafür zuständigen Kommissars Frits Bolkestein gewandt, erklärte der Regensburger SPD-Politiker: "Der hat die Rechnung ohne den Wirt in Gestalt des Parlaments gemacht." Bei der Wasserversorgung handle es sich um kein beliebiges Handelsgut; jeder Bürger innerhalb der EU habe Anspruch auf qualitätsvolles und finanzierbares Trinkwasser. Den vollständigen Text der Pressemitteilung finden Sie hier.
Am 11. März 2004 erteilte auch das Europäische Parlament dem Liberalisierungsvorstoß im Bereich der Wasserver- und -entsorgung eine Absage. Stattdessen rief das Parlament erneut zu einer Modernisierung im Einklang mit ökonomischen, Qualitäts- und ökologischen Standards auf. Die Wasserressourcen sollen als gemeinsame Ressource der Menschheit nicht den Regeln des Binnenmarkts unterworfen werden.
Den Beschluss des Europäischen Parlaments vom 11. März 2004 finden Sie hier (pdf, 266 KB).
Weitere Informationen zur Binnenmarktstrategie der EU finden Sie hier:
Pressemitteilung der Europäischen Kommission zum 10-Punkte-Plan (pdf-Datei, 100 KB)
Binnenmarkstrategie der EU - Volltext (pdf-Datei, 375 KB)
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) bezieht zu dem 10-Punkte-Plan Stellung. Die Pressemitteilung zur Stellungnahme der VKU können Sie hier downloaden.