Vom 31.05. - 02.06.2017 fand in der Alten Handelsbörse in Leipzig das Internationale Leipziger Auenökologiesymposium und damit die 4. AULA-City-Tagung statt. Die sächsische Landesstiftung Natur und Umwelt und die Initiative Naturschutz-und Kunst Leipziger Auwald e. V. (NuKLA) hatten internationale ExpertInnen zum Thema Auwald in die Messestadt eingeladen. Im Zentrum der Diskussion stand der Leipziger Auwald bzw. die Frage, ob ein Teil, die sogenannte Burgaue, in Zukunft geflutet werden sollte.
Dieses scheinbar utopische Projekt bekam in den letzten Jahren insbesondere aufgrund der seit der Jahrtausendwende stattfindenden Jahrhunderthochwasser wieder Auftrieb. Die Burgaue könnte mit ihren 2700 ha einen natürlichen Rückhalteraum im Leipziger Nordwesten bilden.
Aber nicht nur das Hochwasserargument wurde ins Feld geführt.
Der international anerkannte Experte Prof. Dr. Bernd Gerken veranschaulichte z. B. die ökologische Bandbreite von Tieren und Pflanzen, die Auensysteme besitzen. Der Leipziger Auwald hat viele von ihnen aufgrund seines Wassermangels verloren bzw. sie sind bedroht; darunter auch nach europäischen Naturschutzrecht streng geschützte Arten, die erhalten werden müssen.
Karl Heinz Jährling vom Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft Sachsen-Anhalt veranschaulichte am Beispiel der weißen Elster die Zusammenhänge zwischen der Wassergüte und der Gestaltung von Flüssen. Es wurde deutlich, dass Flüsse, die nicht durch Beton in ihr Bett gedrängt werden, sondern die Möglichkeit haben, sich dieses selbst zu suchen, ein großes Potenzial besitzen, die Qualität des Wassers zu erhöhen. Ein Ziel, das auch die Europäische Wasserrahmenrichtlinie verfolgt, die rechtlich umgesetzt werden muss.
Die Renaturierung von Flüssen ist ganz allgemein ein sehr anspruchsvolles Projekt. Es wurde auf der Tagung jedoch deutlich, dass inzwischen genug Fachwissen vorhanden ist, um solche Initiativen erfolgreich durchzuführen. Joachim Drüke, Vorsitzender Arbeitsgemeinschaft biologischer Umweltschutz im Kreis Soest e.V. zeigte das zum Beispiel an der in Nordrhein-Westfalen gelegenen Lippeaue. Innerhalb der letzten 30 Jahre gelang es in Zusammenarbeit mit vielen AkteurInnen wie der Forstwirtschaft, der Landwirtschaft und dem Wasserbau eine bereits verloren gegebene Auelandschaft wiederherzustellen.
Dass dies nicht ohne Konflikte zu erreichen ist, wurde von den ExpertInnen und den etwa 70 Gästen nicht wegdiskutiert. Aber es war auffallend, dass mithilfe umfangreicher Gespräche und einem langen Atem auch ungewöhnliche Projekte zu realisieren sind.
Rüdiger Dittmar, Leiter Amt für Stadtgrün und Gewässer der Stadt Leipzig stellt in diesem Zusammenhang das Projekt „Lebendige Luppe“ vor. Ein Verbund von wissenschaftlichen Einrichtungen, Naturschutzverbänden und der Stadt Leipzig arbeiten in diesem Zusammenhang daran, die Luppe zu renaturieren, um positive Wirkungen auf den Leipziger Auwald und sein Wassermanagement zu erreichen.
Das Projekt wurde durchaus positiv aufgenommen, allerdings auch als zu kleinteilig kritisiert.
Besonders Ulrich Eichelmann von der nichtstaatlichen Organisation River Watch, die ihren Sitz in Wien hat und viele Erfahrungen in Südosteuropa gesammelt hat, plädierte eindrücklich dafür, größer zu denken. Leipzig benötige seiner Meinung nach einen internationalen und nationalen Diskurs um seinen Auwald, da sich hier aus seiner Sicht großartige Chancen böten, ein wichtiges Auensystem mit all seinen Vorteilen wiederherzustellen. Kleinteilige Projekte wären ehrenhaft, die Flutung der Burgaue dagegen hätte ein hohes Potenzial in Bezug auf die Sicherheit vor Hochwasser, die Artenvielfalt und auch als Tourismusmagnet.
Das hohe fachliche Niveau der Veranstaltung, das durchaus kritische Publikum und die engagiert geführten Debatten lassen erwarten, dass der Leipziger Auwald und die Burgaue weiterhin in der Öffentlichkeit diskutiert werden. Das nächste Internationale Leipziger Auenökologiesymposium ist von den Veranstaltern bereits für 2018 terminiert.