Die Zugausfälle am Mainzer Hauptbahnhof sind Folge falscher Unternehmensziele der Deutschen Bahn AG. Rendite auf dem globalen
Logistikmarkt geht auf Kosten eines funktionierenden Bahnverkehrs in Deutschland. "Personal und Wartung der Züge sind seit Jahren so knapp
kalkuliert, dass die Störung der Normalfall ist", sagt Monika Lege für das Bündnis Bahn für Alle, dem auch die GRÜNE LIGA angehört. "Die Durchsage von der 'Störung im
Betriebsablauf' gehört heute zur Bahnreise wie die vier Jahreszeiten."
Bernhard Knierim vom Bündnis Bahn für Alle ergänzt: "Was wir momentan in Mainz erleben, ist nur die Spitze des Eisbergs. Ganz besonders die
Fahrdienstleiterinnen und -leiter, aber auch die anderen Beschäftigten im Bahnbetrieb gehen schlichtweg auf dem Zahnfleisch. Über die letzten
Jahre haben erhebliche Arbeitsverdichtungen stattgefunden, die nicht nur zu Zugausfällen wie in Mainz und den massiven Verspätungen im täglichen
Betrieb führen, sondern die auch auf Kosten der Sicherheit gehen." Allein von 2000 bis 2010 sank die Zahl der Beschäftigten im Fernverkehr
auf die Hälfte, beim Netz wurde fast ein Viertel abgebaut. Knierim verwies darauf, dass in vielen Stellwerken heute einzelne Beschäftigte
Aufgaben erfüllen müssen, für die eigentlich mehrere FahrdienstleiterInnen benötigt werden. Damit steige die
Fehleranfälligkeit erheblich, was schlimmstenfalls tödliche Folgen haben könne. "Dass diese eigentlich vom Management verursachten Probleme jetzt
den Beschäftigten vor Ort in die Schuhe geschoben werden, ist ein Skandal für sich", so Knierim.
Während die DB im Inland auf der Schiene seit Jahren auf Verschleiß fährt, expandiert sie auf dem weltweiten Logistik-Markt. Erhebliche
Mittel aus dem Schienennetz fließen in das bahnfremde Geschäft des Konzerns: 2012 war das Netz mit einem Gewinn von 894 Millionen Euro der
größte Gewinnbringer des Konzerns.
Der radikale Belegschaftsabbau der DB AG im Schienenbereich führt zu höherer Arbeitsintensität und Wertschöpfung je Beschäftigten. Während es
im reinen Schienenbereich in Deutschland 1994 noch 320.000 Beschäftigte gab, waren es Ende 2012 nur noch knapp 190.000. Das ist ein Rückgang um
gut vierzig Prozent, trotz deutlich mehr Leistung. In früheren Personalberichten der DB AG wurde positiv vermerkt, dass der
Krankenstand kontinuierlich gesunken sei. Von 1994 bis 2004 fiel der Prozentsatz der kranken Beschäftigten mit Entgeltzahlung als Anteil an
allen Beschäftigten von 5,4 Prozent auf 3,8 Prozent. Doch längst gibt es eine entgegengesetzte Entwicklung. 2012 lag der Krankenstand im
Gesamtkonzern wieder bei fünf Prozent, bei der Schiene im Inland, dem eigentlichen Kerngeschäft, bei sieben Prozent. Es sind vor allem die
produktiven Sektoren, in denen der Krankenstand besonders hoch ist. Verstärkt wird diese Belastung durch einen gewaltigen Aufbau der
Überstunden: Allein im Personenverkehr (Inland) hatten sich bis 2012 2,8 Millionen Überstunden angesammelt.
Das Bündnis Bahn für Alle fordert eine Wende in der Bahnpolitik. Statt auf einen Bilanzgewinn zu fokussieren, der nach Abzug der geleisteten
Subventionen ohnehin ein Realverlust ist, muss die Deutsche Bahn AG klare Vorgaben von der Bundesregierung erhalten: Für einen sicheren,
qualitativ hochwertigen Zugverkehr und ohne die Interessen der Beschäftigten gegen die der Fahrgäste auszuspielen.
Der Alternative Geschäftsbericht der DB AG 2012, der die falsche Orientierung des Unternehmens insbesondere auch in Bezug auf die
Beschäftigten detailliert darlegt und mit Zahlen belegt, kann über den Shop der GRÜNEN LIGA bestellt werden.
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