Pestizidwirkstoffe sind die aktiven chemischen Substanzen in Pflanzenschutzmitteln, die gezielt Fressfeinde, Krankheiten oder Unkräuter bekämpfen sollen. Sie sind das Herzstück der Pestizide.
Hinsichtlich ihrer Sicherheit und Auswirkungen auf die Umwelt und Gesundheit werfen sie jedoch zunehmend Fragen auf. Viele dieser Substanzen können nicht nur die Zielorganismen, sondern auch nützliche Insekten, Vögel und andere Tiere gefährden und sich lange in Böden und Gewässern anreichern.
Die Pestizidwirkstoffe durchlaufen einen kosten- und zeitaufwendigen Zulassungsprozesses bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Dieser Prozess weist nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen starke Mängel auf. So wird im Rahmen des Zulassungsverfahrens die Dosis (LD 50) untersucht, bei der die Organismen im Kontakt mit dem Wirkstoff abtötet werden. Gesundheitliche pestizidbedingte Beeinträchtigungen wie Schäden am Immunsystem oder kognitive Veränderungen werden hingegen meistens nicht geprüft.
Außerdem sind in das Zulassungsverfahren ganze Gruppen von Organismen (z.B. Fledermäuse und adulte Amphibien) nicht integriert. In der Kritik steht auch, dass die Hersteller von Pestizidwirkstoffen die Untersuchungen selbst durchführen und die Ergebnisse dann bei der Zulassungsbehörde einreichen. Ein weiterer Schwachpunkt bei der Zulassung stellt die Fokussierung auf einzelne Wirkstoffe dar. In der Praxis werden aber oft Tankmischungen eingesetzt oder über eine Vegetationsperiode zahlreiche verschiedene Pestizide ausgebracht.
Glyphosat ist der Wirkstoff des in Europa meist verkauften Breitbandherbizids (Pflanzenvernichtungsmittels). Er wird heute flächendeckend und in großen Mengen in der Landwirtschaft eingesetzt. So zum Beispiel bei der pfluglosen Bodenbearbeitung. Diese wird in vielen Bundesländern sogar über die Agrar-Umweltmaßnahmen gefördert. Aber auch im mehr Winzer nutzen Glyphosat. Besonders bedenklich ist der Einsatz im Kleingarten.
Ein üblicher Missbrauch von Glyphosat stellt nach Meinung der Umweltverbände die Erntevorbereitung (Sikkation) bei Kartoffeln, Mais und anderem Getreide dar. Das vorhandene Restgrün im Erntegut wird mit dem Gift abgetötet. Es ist dann in den daraus hergestellten Lebensmitteln nachweisbar.
Die Pestizidindustrie proklamiert die Unbedenklichkeit des Glyphosats für Mensch und Tier. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat 2016 eine Einstufung von Glyphosat in die Kategorie „Wahrscheinlich krebserregend beim Menschen“ vorgenommen. Mehrere Wissenschaftler wiesen dem Pestizid keimschädigende Wirkung nach. In Südamerika werden hohe Krebsraten und Fehlbildungen bei Neugeborenen mit Glyphosat in Verbindung gebracht. Glyphosat steht außerdem in Verdacht, chronischen Botulismus bei Rindern und auch beim Menschen die Darmflora zu schädigen.
Glyphosat wird in unserer Gesellschaft mittlerweile so häufig eingesetzt, dass er im Urin von 60% der deutschen Menschen nachzuweisen ist. Das belegen Untersuchungen des Umweltbundesamtes (UBA).
Informatives Videomaterial:
Monika Krüger: Das Umweltgift Glyphosat und Glufosinat Herbizide mit Nebenwirkungen (Vortrag vom 16.04.2015 in Stuttgart auf youtube)
Glyphosat Hintergrundpapier / Zusammenfassung zum Download:
Mexiko verbietet Einsatz von genetisch verändertem Mais und Glyphosat bis 2024
Auszug Artikel:
Die Regierung des mexikanischen Präsidenten, Andrés Manuel López Obrador, hat ein Dekret verabschiedet, das den Einsatz von Glyphosat auf mexikanischem Staatsgebiet sowie die Verwendung von gentechnisch verändertem (transgenem) Mais bis 2024 verbieten soll. Dem Dekret war ein jahrelanges politisches Ringen vorausgegangen. Die nationale Menschenrechtskommission hatte Ende 2018 die mexikanische Regierung wegen Verletzung ihrer Sorgfaltspflichten durch mangelnde Verbote hochgefährlicher Pestizide abgemahnt. Der Agrarattaché an der deutschen Botschaft in Mexiko sprach sich noch Anfang 2020 vehement gegen das geplante Glyphosat-Verbot aus und brüskierte damit die dortige Regierung.
https://www.amerika21.de/2021/01/246772/mexiko-verbot-glyphosat-genmais
Pressemitteilung: Glyphosat contra biologische Vielfalt: Empfehlungen des BfN, 31.01.2018
Auszug des Artikels vom BfN:
Bonn, 31. Januar 2018: Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) weist auf die gravierenden Risiken glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel für die biologische Vielfalt hin und empfiehlt die Anwendung in Deutschland so schnell wie möglich zu beenden. Die nach der Entscheidung der Wiederzulassung von Glyphosat in Europa zu treffenden Regelungen zum Umgang mit glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln in Deutschland stehen mit der Konstituierung der entsprechenden Fachausschüsse nun auf der Agenda des Bundestages. Zudem ist am 2. Februar eine Debatte des Bundesrates geplant. Das BfN hatdazu Empfehlungen in einem Positionspapier veröffentlicht.
Pestizide schlecht für einen Kinderwunsch:
Artikel Spiegel Online - Genehmigungsbehörde hält Unterlagen geheim, 07.12.2017
Die Bundesregierung hilft bei Geheimhaltung von Glyphosat-Studien
Die EU-Lebensmittelbehörde Efsa weigert sich, Studien über den Unkrautvernichter Glyphosat herauszugeben. Die Bundesregierung hat sich jetzt in den Fall eingeschaltet - auf Seiten der Efsa und der Chemiekonzerne.
Glyphosat - ein toxischer Bestseller:
https://www.fr.de/meinung/gastbeitraege/toxischer-topseller-92565174.html
Stoppt Glyphosat
https://www.youtube.com/watch?v=IcXXM6L2cEk
PAN analysiert in seinem aktuellen Beitrag die Berichterstattung über Glyphosat in Leitmedien.
https://pan-germany.org/pestizide/die-darstellung-von-glyphosat-in-der-medialen-oeffentlichkeit/
Umweltverbände klagen gegen die Verlängerung von Glyphosat um weitere zehn Jahre
https://news.pan-germany.org/i/aTI_uivEnn7ljSbxNCFXwtQf78L81esblRsoLaikolU
Langzeitstudien belegen klar: Glyphosat karzinogener als bisher angenommen
https://ehjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12940-025-01187-2
Neonikotinoide gehören zu einer neuen Stoffklasse von Nervengiften. Sie werden in der Landwirtschaft, aber auch im Garten gegen Insekten eingesetzt werden. Diese Pestizide sind außergewöhnlich giftig und nur langsam abbaubar. Kleinste Dosen genügen bereits, um Insekten zu töten. Ihr Einsatz erfolgt in Deutschland flächendeckend. Neonikotinoide werden nicht nur direkt auf das Feld gespritzt, sondern auch zum Beizen des Saatgutes verwendet.
Neonikotinoide töten die Nahrung vieler Singvogelarten. Da beschreibt der holländische Toxikologe Henk Tennekes schon seit 2011 in seinem Buch „The systemic insecticids. A disaster in the Making“.
Neonikotinoide werden für das Bienenvölkersterben und den rapiden Rückgang der Insekten verantwortlich gemacht. Aufgrund der Bienengefährlichkeit wurde im Dezember 2013 von der EU die drei Neonikotinoid-Wirkstoffe Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam für alle bienenrelevanten Kulturen verboten. Jetzt muss die Pestizidindustrie belegen, dass die Wirkstoffe ungefährlich für Bienen sind. Sonst bleibt ihr Einsatz eingeschränkt. Die Hersteller dieser Pestizide BayerCropScience und Syngenta haben gegen die Verbote Klage beim Europäischen Gerichtshof eingereicht.
weitere Informationen:
Video - (ZDF planet e vom 27.10.2019): Die Pestizidmulties wussten schon lange von den Gefahren von Neonikitionoiden auf die Artenvielfalt
Artikel von Spiegel Online zum Thema Neonicotinoide und ihre Wirkung auf Hummeln.
Auszug:
"Bestimmte Pflanzenschutzmittel sind für Hummeln zwar nicht unmittelbar tödlich - jedoch führen sie offenbar zu weniger Nachwuchs. In einem Laborexperiment ließ ein Wirkstoff aus der Gruppe der weit verbreiteten Neonicotinoide die Zahl eierlegender Hummelköniginnen um 26 Prozent schrumpfen."
Bericht vom European Food Safety Authority - EFSA identifiziert Risiken durch Neonicotinoide für Bienen.
Auszug:
"Die Wissenschaftler der EFSA haben eine Reihe von Risiken für Bienen identifiziert, die von drei Neonicotinoid-Insektiziden[1] ausgehen. Die Behörde wurde von der Europäischen Kommission mit der Bewertung der Risiken im Zusammenhang mit der Verwendung von Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam zur Saatgutbehandlung bzw. in Form von Granulat ersucht; dabei lag besonderes Augenmerk auf deren akuten und chronischen Wirkungen im Hinblick auf das Überleben und die Entwicklung von Bienenvölkern, den Auswirkungen auf Bienenlarven und das Bienenverhalten sowie auf den durch subletale Dosen[2] dieser drei Wirkstoffe bedingten Risiken."
Zentrale Erkenntnisse von "The Task Force on Systemic Pesticides" - Neonikotinoide gefährden fast alle Artengruppen
Inhalte:
"Die weltweite integrierte Bewertung der Auswirkungen von systemischen Pestiziden auf Biodiversität und Ökosysteme (im englischen: WIA, Worldwide Integrated Assessment of the Impact of Systemic Pesticides on Biodiversity and Ecosystems) ist eine Zusammenstellung von 1.121 veröffentlichten unabhängigen und überprüften Studien, die die letzten fünf Jahre umfassen, darunter auch von der Industrie finanzierte Studien. Es ist die einzige umfassendste Studie über Neonikotinoide, die je durchgeführt wurde. Sie ist durch Fachleute überprüft und frei zugängig veröffentlicht, so dass die Erkenntnisse und das Quellenmaterial gründlich von anderen untersucht werden können."
Bericht "Wie Bienen navigieren und wie sie durch Pestizide gestört werden" von Randolf Menzel, Neurobiologie FU Berlin