Warum hat der Grüne Liga Brandenburg e. V. Rechtsmittel gegen die vorzeitigen Rodungen des Waldes in Grünheide eingereicht, in welchem TESLA ab 2021 in einer „Gigafactory“ Elektroautos produzieren möchte?
Die Antwortet lautet: Weil die Umwelt- und Planungsgesetze für alle gelten müssen, das Land Brandenburg aber für eine beispiellose Sonderbehandlung der Firma TESLA sorgt und diese zu Lasten von Natur und Umwelt geht.
Der Grüne Liga Brandenburg e. V. ist nicht gegen die Waldrodung vorgegangen, weil er hoffte, damit die Ansiedlung von TESLA in Grünheide verhindern zu können. Die mit einem solchen Großvorhaben einhergehenden Auswirkungen auf die Umwelt, die Natur und die umliegend lebenden Menschen müssen aber in einem ordentlichen Genehmigungsverfahren geprüft werden. Und das muss unabhängig davon gelten, ob vielleicht überwiegende Sympathien für die Realisierung vorhanden sind.
Für den Grüne Liga Brandenburg e. V. ist ganz offensichtlich, dass das Land Brandenburg der Firma TESLA gerade eine beispiellose Sonderbehandlung zukommen lässt: Es ist wohl noch nie vorgekommen, dass eine Firma sich erst im Herbst eines Jahres entschließt, ein solches Großvorhaben realisieren zu wollen, erst dann mit dessen Planung beginnt, binnen weniger Wochen die hierzu erforderlichen Unterlagen und Gutachten erstellen lässt und keine 3 Monate später zu dessen Realisierung knapp 90 ha Wald roden darf. Der Wirtschaftsminister von Brandenburg ist sehr stolz darauf, wie schnell das ging. Aber ist es wirklich möglich, ohne Abstriche an gültige Standards und Beachtung der Gesetze so schnell finale Eingriffe wie eine Waldrodung vorzeitig freigeben zu können?
Dass in Deutschland – wie auch in allen der EU angehörenden Länder – die Planung und Genehmigung von Großvorhaben normaler Weise deutlich länger brauchen, hat seinen Grund: Die Realisierung solcher Großvorhaben hat erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt und die natürlichen Lebensgrundlagen von Menschen, Tieren und Pflanzen. In Deutschland und Europa schreitet seit Jahren ein stetiger Biodiversitätsverlust voran. Wenn wir auch unseren Enkeln noch eine lebenswerte Umwelt hinterlassen wollen, müssen wir jetzt gegensteuern. Dies geht nur, wenn wir nicht nur gute Gesetze zum Schutz von Natur und Umwelt haben, sondern wenn diese auch beachtet werden.
Die in Deutschland - wie in der ganzen EU - geltenden Gesetzen regeln z. B. ,
Im Falle TESLA war und ist die Landesregierung von Brandenburg bereit, der „Gigafactory“ nicht nur den Weg zur Genehmigung, sondern auch bereits zur vorzeitigen Realisierung „frei zu machen“. Dabei wurde es in beispielloser Weise zugelassen, dass von normalerweise stets zu beachtenden Selbstverständlichkeiten ordentlicher Planung abgewichen werden durfte.
Ein Beispiel: Normalerweise muss mindestens im Frühjahr und Frühsommer eingehend untersucht werden, welche Tiere und Pflanzen in einem zur Rodung vorgesehenen Wald leben. Denn es ist gesetzlich vorgegeben, dass die Wirkungen der Eingriffe nur so wenig schwerwiegend wie möglich sein dürfen. Aber nur dann, wenn man genau weiß, wie mehr oder weniger wertvoll oder wichtig beispielsweise ein Wald für die Tier- und Pflanzwelt ist, kann man das „ob“ und „wie“ der Genehmigungsfähigkeit der Rodung des Waldes hinreichend beurteilen. Eine solche Vorgehensweise ist sonst immer eine Selbstverständlichkeit. Im Falle TESLA wurde hingegen nicht beanstandet, dass diese Untersuchungen nur an einige wenigen Tagen im Winter durchgeführt wurden – wenn bekanntlich viele in einem Wald lebende Pflanzen und Tiere im Boden eingegraben, in Höhlen versteckt oder in Überwinterungsgebiete abgezogen sind. Der Grüne Liga Brandenburg e. V. hat nie behauptet, dass der Grünheider Wald mit dem Hambacher Forst vergleichbar wäre. Das ist dieser offensichtlich nicht. Aber auch im Grünheider Wald leben – völlig unstreitig – streng geschützte Tiere, die bei einer Planung beachtet werden müssen.
Ein weiteres Beispiel: Wasser ist anerkanntermaßen eine der wichtigsten Ressourcen. Normalerweise wird dann, wenn eine Vorhabenplanung Sorgen bzgl. der Trinkwasserversorgung oder der Abwasserentsorgung bewirkt, besonders genau geprüft, ob und wie man die Probleme lösen kann. Als die Wasserwerke WSE vom Wasserbedarf der Firma TESLA erfahren und geprüft haben, welche Auswirkung dessen Erfüllung hat, haben diese in deutlichster Form darauf hingewiesen, welche riesigen Probleme und Unsicherheiten dies mit sich bringt. Und bzgl. der Kläranlagen wurde darauf hingewiesen, dass diese mit TESLA zu 100% ausgelastet sein werden und dass dies zu höheren Schadstoffgehalten im „geklärten“ Abwasser bei dessen Rückführung in den Kreislauf haben wird. Bei anhaltendem Bevölkerungswachstum müssen Trinkwasserbrunnen vergrößert oder neu erschlossen werden – was aufgrund der Umweltauswirkungen nicht immer ohne weiteres möglich ist – Und es bedarf neuer oder größerer Kläranlagen, was auf Kosten der angeschlossenen Nutzer gehen wird. Dass alles muss erst einmal geprüft werden, was wohl offensichtlich nicht binnen weniger Wochen möglich ist.
Allein diese Beispiele aus den Bereichen des Naturschutzes und des Wassers zeigen, dass die TESLA-Ansiedlung in Grünheide keineswegs völlig unproblematisch ist. Vieles ist noch zu klären und Probleme sind zu bewältigen.
Die Beteiligung der Öffentlichkeit und der Umweltverbände in solchen Großverfahren erfolgt deswegen, weil man die dabei gewonnenen Erkenntnisse und Kritikpunkte in die Prüfung, ob und wie eine Planung genehmigt werden kann, einbeziehen soll (bzw. muss). Dafür müssen die Planungsunterlagen – hier mehrere Ordner mit über 1.500 Seiten Inhalt – eingesehen werden und binnen ca. 6 Wochen können dann Stellungnahmen und Einwendungen abgegeben werden. Diese Frist läuft im Falle TESLA bis zum 5. März.
Soweit bekannt, hat es in Deutschland noch nie einen Fall gegeben, in welchem eine Behörde es zugelassen hat, dass bereits 3 Wochen vorher Fakten geschaffen werden durften. Eine so genannte „Zulassung des vorzeitigen Beginns“ ist nach den gesetzlichen Vorschriften nur ausnahmsweise dann möglich, wenn sinngemäß
Der Grüne Liga Brandenburg e. V. fragte sich:
Diese Fragen sind durch die Gerichtsentscheidungen nicht wirklich beantwortet worden.
Anders als das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) zwar die besondere Problematik und Schwierigkeit der Entscheidung erkannt. Auch hat das OVG – anders als das VG Frankfurt (Oder) – angeordnet und gewährleistet, dass der Grünen Liga Brandenburg e. V. die behördlichen Entscheidungen und Stellungnahmen übermittelt wurden, damit diese – wenngleich nur binnen kürzester Fristen – durchgesehen werden konnten.
Auch nach Durchsicht der Entscheidung des OVG bleibt aber unverständlich, dass und warum TESLA hier anders behandelt werden durfte, als es den bislang geltenden Grundsätzen entspricht. Der Grüne Liga Brandenburg e. V. verkennt dabei nicht, dass sich das Oberverwaltungsgericht mit den von dem Grüne Liga Brandenburg e. V. vorgebrachten Argumenten auseinandergesetzt hat. Das Ergebnis der gerichtlichen Prüfung ist für den Grüne Liga Brandenburg e. V. aber vor dem Hintergrund der Details des Falles TESLA nicht nachvollziehbar.
Es bleibt zu hoffen, dass der Fall TESLA keine „Schule“ macht und künftige Vorhabenplanungen – unabhängig von etwaigen „Sympathiewerten“ gegenüber dem konkreten Projekt – künftig wieder allgemeine, europaweit anerkannte Standards beachten und Genehmigungsverfahren zügig aber auch mit der nötigen Sorgfalt geführt werden, welche der Grüne Liga Brandenburg e. V. im Falle TESLA sehr vermisst.