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Umweltpolitische Kernforderungen des DNR für die Europawahlen 2014

Der Deutsche Naturschutzring DNR, in dem auch die GRÜNE LIGA Mitglied ist, hat umweltpolitischen Kernforderungen für die Europawahlen 2014 aufgestellt.

Der Deutsche Naturschutzring DNR, in dem auch die GRÜNE LIGA Mitglied ist, hat zur kommenden Wahl des Europaparlamentes im Mai 2014 umweltpolitische Kernforderungen aufgestellt. Den Forderungskatalog im Original finden Sie auch als PDF-Dokument am Ende der Meldung.

Umweltpolitische Kernforderungen für die Europawahlen 2014

Die Europäische Union (EU) steckt fest in einer multiples Krise: Die Austeritätspolitik als Antwort auf die Wirtschafts- und Verschuldungskrise verschärft die sozialen Probleme in vielen Mitgliedstaaten und vergrößert das politische Misstrauen in die Institutionen der EU, anstatt aus der Krise hinauszuführen. Europa fällt ökonomisch auseinander, das verstärkt überall europaskeptische Tendenzen und die EU wird unpopulär. Dabei ist eine Renationalisierung kein Ausweg aus der Krise, vielmehr muss die europäische Integration vertieft werden hin zu einer demokratischen politischen Union. Nur dadurch kann die EU ihre politische Handlungsfähigkeit zurückgewinnen.

Es bedarf nicht nur einer europäischen Finanz- und Wirtschaftspolitik, sondern vor allem auch einer Stärkung der umwelt- und klimapolitischen Kompetenzen der EU. Andern Falls verschärft eine forcierte europäische Wachstumspolitik die ökologische Krise und gefährdet das Wohlergehen zukünftiger Generationen. Zu wenig ist bislang passiert, um die EU ökologisch nachhaltig zu gestalten. Um den gegenwärtigen Krisen entgegenzuwirken, muss das neugewählte EU-Parlament der Motor für ein nachhaltiges Europa sein. Dabei muss auch verlorenes Vertrauen zurückgewonnen und die wachsende Distanz zwischen den BürgerInnen und der EU-Exekutive geschlossen werden – mehr Transparenz sowie demokratisch legitimierte und kontrollierte Institutionen sind dafür notwendig!

In den kommenden fünf Jahren gilt es also, die ökologische, soziale und politische Modernisierung der EU anzustoßen und voranzubringen. Der Titel des 7. Umweltaktionsprogramms „Gut leben innerhalb der Belastbarkeitsgrenzen unseres Planeten“ muss zum Leitsatz der Neuausrichtung der Europäischen Union werden.

1. Die Energiewende nach Europa holen

2030: Erneuerbare Energien und Effizienz sind unverzichtbar
Die EU will ein neues Klima- und Energiepaket für 2030 beschließen – doch der im Januar vorgelegte Vorschlag der EU-Kommission ist so schwach, dass es zu einem Stillstand beim Energiesparen und erneuerbaren Energien kommen würde. Um einen kritischen Anstieg der Erderwärmung zu verhindern, müssen die europäischen Treibhausgase bis 2030 um mindestens 55 Prozent durch schrittweisen Ausstieg aus den fossilen Energien gesenkt, erneuerbare Energien unter strikter Beachtung der Naturschutzrichtlinien der EU auf 45 Prozent weiter konsequent ausgebaut und der Endenergieverbrauch um 40 Prozent verringert werden. Um die 2 Grad-Grenze mit hoher Wahrscheinlichkeit einzuhalten, sind sogar noch größere Treibhausgasreduktionen nötig. Drei ambitionierte, verbindliche Ziele sind unverzichtbar, damit die Energiewende nicht ins Stocken gerät und Europa fossile Energieimporte von 500 Milliarden Euro jährlich vermeiden kann.

Emissionshandel retten und raus aus der Kohle
Der Emissionshandel funktioniert nicht – er setzt derzeit keine Anreize für klimafreundliche Investitionen und Innovationen. Im Gegenteil: Eine Schwemme von Zertifikaten und Offsets drücken die Preise in den Keller und erlauben, dass europäische Emissionen in den nächsten Jahren sogar wieder steigen könnten. In Deutschland nimmt in Folge dessen der Anteil dreckigen Kohlestroms wieder zu. Um den Emissionshandel zu reparieren, müssen die EU-Klimaziele und jährlichen Emissionsminderungen erhöht und 2,2 Milliarden Zertifikate dauerhaft gelöscht werden. Es bedarf außerdem eines Anpassungsmechanismus, der solche Zertifikatüberschüsse künftig verhindert und die Wirksamkeit des Instruments für den Klimaschutz sichert. Doch allein die Reform des Emissionshandels kann nicht verhindern, dass dreckige Kohlemeiler weiter hocheffiziente Gaskraftwerke vom Markt drängen. Standards wie CO2-Grenzwerte oder Anforderungen an die Wirkungsgrade müssen künftig zusätzlich dafür sorgen, dass die schädlichsten Kraftwerke rechtzeitig in den Ruhestand gehen.

2. Die Gemeinsame Agrarpolitik muss eine bäuerliche, ökologische Agrarkultur fördern

Recht auf Nahrung – weltweit
Weltweit hungern rund 840 Millionen Menschen. Dabei könnten mit der aktuellen Produktion von durchschnittlich 4600 kcal pro Kopf und Tag schon heute alle Menschen satt werden. Hunger in der Welt ist ein Verbrechen. Die EU muss sich endlich für das Konzept der Ernährungssouveränität stark machen, von ihrer exportorientierten Agrarproduktion Abstand nehmen und 10 Prozent ihres Entwicklungsetats für die Unterstützung von Kleinbauern in Entwicklungsländern nutzen.

Futtermittelimporte reduzieren – heimische Futterpflanzen stärken
Jährlich importiert die EU rund 37 Millionen Tonnen Soja als Futtermittel. Der größte Teil ist gentechnisch verändert. In den Erzeugerländern führt der massive Sojaanbau zu Monokulturen, steigenden Pestizideinsätzen und zerstört Böden und biologische Vielfalt. Auch in der EU leidet die biologische Vielfalt, weil die Reichhaltigkeit heimischer Futterpflanzen ungenutzt bleibt. Wir brauchen eine massive Förderung unserer heimischen Futtermittelpflanzen, vor allem der Leguminosen.

Flächengebundene Tierhaltung – „neue“ Konzepte wagen
Der steigende Antibiotika-Einsatz in der Intensivtierhaltung und der wachsende Widerstand dagegen zeigen, dass das Konzept des Wachsens oder Weichens gerade in der Tierhaltung massiv gescheitert ist. Eine grundlegende Umstrukturierung unserer Tierhaltung ist unverzichtbar. Das Konzept der flächengebundenen Tierhaltung bietet hier die richtigen Antworten: Demnach dürfen nur so viele Tiere pro Betrieb gehalten werden wie dieser auch selbst ernähren kann. Die EU sollte einen maximalen Tierbesatz von zwei Großvieheinheiten pro Hektar anstreben.

3. TTIP - nein danke! Transatlantische Partnerschaft geht anders

Die Freihandelsabkommen der EU müssen abgelehnt werden!
Bei der Freihandelsagenda der EU geht es vor allem um Deregulierung und Liberalisierung. Dies betrifft nicht nur das EU-USA-Handels- und Investitionsabkommen (TTIP) und das EU-Kanada-Abkommen (CETA), sondern weitere geplante und momentan verhandelte Abkommen. Die EU hat ein Interesse daran, dass diese Liberalisierungsagenda geheim bleibt. Offiziell beschlossene EUVerhandlungsmandate werden nicht öffentlich gemacht, viele strittige Aspekte und vor allem die genauen Entwürfe von späteren Vertragstexten bleiben im Dunkeln. Die CETA-Verhandlungen sind von der Öffentlichkeit unbemerkt bereits weit fortgeschritten, das gefährliche Ergebnis wird als Blaupause für das TTIP dienen.

Mit den Abkommen droht das Umgehen des EU-Vorsorgeprinzips, da schwächere Standards unter anderem im Umwelt-, Lebensmittel- und Agrarbereich in Europa anerkannt und die Kennzeichnungspflicht aufgeweicht würden. Zukünftige strenge Umweltstandards würden erheblich erschwert. So soll für das TTIP sogar ein „Regulatory Cooperation Council“ eingesetzt werden, eine Institution, in der IndustrievertreterInnen über zukünftige Regeln und Standards entscheiden könnten. Der Weg für Gentech-Lebensmittel, hormonbehandeltes Fleisch, für den Import von in Europa bisher verbotenen Chemikalien und den Import von Frackinggas wäre frei.

Die in den Abkommen geforderten Sonderklagerechte für Unternehmen im Rahmen so genannter Investor-Staat-Schiedsgerichtsbarkeit unterlaufen grundlegende Prinzipien des Rechtsstaats. Zwischen Staaten mit hoch entwickelten Rechtssystemen, wie Europa, Kanada und den USA, ist ein solches Investitionsabkommen unnötig und führt zu Klagewellen von Konzernen gegen Staaten, sobald eine Regelung, die beispielsweise dem Umweltschutz zu Gute kommt, Konzerninteressen zuwider läuft. Die Verfahren vor den Schiedsgerichten laufen im höchsten Maße intransparent und undemokratisch ab, eine Berufung ist nicht möglich, und es sind keine Grenzsätze für mögliche Schadensersatzforderungen vorgesehen. Das EU-Parlament muss sich als demokratische Vertretung der europäischen BürgerInnen gegen die Freihandelsabkommen der EU aussprechen.

4. Verlust biologischer Vielfalt und Verschlechterung der Ökosysteme stoppen

EU-Recht konsequent umsetzen
Die EU hat sich verpflichtet, den Biodiversitätsverlust und die Verschlechterung der Ökosysteme und ihrer Leistungen bis 2020 zu stoppen sowie geschädigte Ökosysteme soweit möglich wieder herzustellen. Hierzu verfügt die EU über ein anerkanntes Naturschutzrecht und das größte Schutzgebietssystem der Welt, es bestehen aber noch zu viele Umsetzungsdefizite in den Mitgliedstaaten. Das EU-Parlament muss sich dafür einsetzen, dass die Naturschutzrichtlinien der EU vollständig umgesetzt werden und insbesondere das EU-weite Schutzgebietsnetzwerk Natura 2000, seine Aufgabe erfüllen kann. Dazu gehören verbindliche Managementpläne für alle Natura-2000-Gebiete, deren ausreichende Finanzierung sowie die bessere Kontrolle der Bestimmungen, auch durch erweiterte Kompetenzen der EU-Kommission.

Ökosystemleistungen wie schadstofffreie Luft und Böden, qualitativ hervorragendes Trink- und Grundwasser, Gewässer in gutem ökologischem Zustand sowie gesunde Nahrungsmittel sind Voraussetzung für unser Wohlergehen und jegliche wirtschaftliche Tätigkeit. Biologische Vielfalt ist dafür essentiell. Die EU-2020-Biodiversitätsstrategie muss daher zügig und vollständig umgesetzt werden. Eine Zwischenbewertung soll 2015 sicherstellen, dass die EU ihre in der Strategie beschlossenen Ziele bis 2020 erreicht. Dazu müssen so schnell wie möglich die Mittel des LIFE-Umweltförderprogramms auf 1 Prozent des EU-Haushaltes aufgestockt werden. Die EU-Abgeordneten müssen sich dafür einsetzen, dass die Initiativen zur Verbesserung der „grünen Infrastruktur“ und zur Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme sowie zur besseren Kontrolle invasiver Arten beschlossen und umgesetzt werden. Wie im 7. Umweltaktionsprogramm beschlossen, muss sich das kommende EU-Parlament für verbindliche EU-weite Regeln zum Schutz des Bodens einsetzen.

Ressourcenverbrauch bremsen
Biologische Vielfalt und Ökosystemleistungen sind natürliche Ressourcen, die auch in der Ressourceneffizienzpolitik der EU berücksichtigt werden müssen. Das künftige EU-Parlament muss deshalb nicht nur einen entsprechenden Unterindikator sondern auch den Leitindikator zur Ressourcennutzung „Raw Material Consumption“ festlegen. Die absolute Senkung der Ressourcennutzung bis 2020 und 2050 muss verbindliches EU-Ziel werden. Hochwertige Kreislaufführung mit Fokus auf anspruchsvolle Wiederverwendungs- und Recyclingziele können hierzu beitragen.

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Die Pressemitteilung finden Sie im Original hier als PDF-Dokument: